Skulptur   -   Denkmal   -   Grabmal

Stelen für Bonhoeffer und Neuberger

Rede von Helmut Schön anläßlich der Feier zur Einweihung der Stelen bei der Justizvollzugsschule NRW in Wuppertal am 9. November 2005

Meine Damen, meine Herren , sehr verehrte Ehrengäste, sehr geehrte Frau Bethge   –  Lieber Herr Fraikin, lieber Herr Lemke – Ihnen Beiden verdanke ich mein Hier-Sein und die Herausforderungen der letzten Monate.

Ich war dabei keineswegs allein, denn dieses Werk hier vor uns ist ein Gemeinschaftliches. Herr Hans-Peter Osten, Leiter der Arbeitstherapie in der JVA-Herford und ich haben aus etlichen Ideen zwei Skulpturen entstehen lassen, die wir heute und hier enthüllen wollen.

Aber der Reihe nach:  Vor etwa anderthalb Jahren, im Mai 2004, haben Sie, Herr Fraikin, sich an die JVA in Herford gewand. Ich vermute, Ihnen waren die durchaus erfolgreichen und sehenswerten künstlerischen Aktivitäten zu Ohren und auch zu Augen gekommen, die im Rahmen der Arbeitstherapie im  Laufe vieler Jahre entstanden sind. Hans Peter Osten engagiert hier Künstlerinnen und Künstler, die mit jugendlichen Strafgefangenen in Projektwochen gemeinsam arbeiten.

Hier bei Ihnen im Hause war der Wunsch entstanden, den umgestalteten Außenbereich vor dem Schulgebäude mit einer Skulptur zu bereichern, die als Denkmal Bezug nehmen soll zu Josef Neuberger und Dietrich Bonhoeffer.

Da lag es nahe Herrn Osten anzusprechen, der wiederum für diese Aufgabe  mich dazugewinnen konnte, da wir seit Jahren fruchtbar zusammenarbeiten.

Die zu erfüllenden Wünsche, sprich Vorgaben seitens der Justizvollzuzgsschule waren vielfältiger Natur. Das noch zu findende Objekt sollte dem Haus ein markantes Gesicht geben, modern wirken ohne modisch zeitgeistig zu sein, neugierig machend durch eine plastische Darstellung der beiden Persönlichkeiten Bonhoeffer und Neuberger. Informationstafeln sollten deren Biografien darstellen, natürlich den Namen der Schule tragen und über deren inhaltliche Arbeit Auskunft geben, um das Wirken dieser Institution noch mehr in den Blick der Öffentlichkeit zu rücken.

All dies war zu berücksichtigen.

 

In ersten Überlegungen wurde sofort deutlich in welch übergeordneter Dimension das Projekt eingebettet ist, allein durch die Lebensläufe dieser beiden herausragenden Persönlichkeiten der Deutschen Geschichte. Im Deutschland des Nationalsozialismus wurden beide zu Staatsfeinden ob ihrer Bekenntnisse. Der Eine, Josef Neuberger als Mensch jüdischen Glaubens und Sozialdemokrat; der Andere, Dietrich Bonhoeffer als Christ in der Bekennenden Kirche.

Beide Skulpturen folgen deshalb gleichen Gestaltungsprinzipien, um das Verbindende der beiden Persönlichkeiten deutlich werden zu lassen. Beide mit aufrechtem Gang, für die gerechte Sache kämpfend, allein ihrem Gewissen verantwortlich, unbeugsam. Dieser Haltung entsprechen die aufrechten Stahlröhren. Unübersehbar, den Blick auf sich ziehend, Persönlichkeiten eben, die deutliche Zeichen in die Gesellschaft gesetzt haben.

Auch diese Zeichen hier vor dem Haus, an denen niemand gleichgültig vorbeigehen kann, werden Auseinandersetzung herausfordern, Reibung erzeugen, Neugierde wecken.
Der Blick wird also eingefangen und auf die Portraitbüsten gelenkt. Diese massiven Köpfe aus einem Steinblock geschlagen sind ungeheuer gegenwärtig.

Sie sind Mahnung gegen das Vergessen des Nazi-Terror- regimes, das den Einen ermordet hat, dem der Andere nur knapp entkommen konnte.
Sie halten Geschichte und die Auseinandersetzung damit lebendig. Sie können Stolperstein sein, Stein des Anstoßes, aber auf jeden Fall ein Mahnmal für mehr Toleranz und Achtung, mehr Mut und Aufrichtigkeit. In diesem besten Sinne ein Denk-Mal.

Die Macher dieser Denkmale haben ihr Ziel erreicht, wenn genau diese oder ähnliche Prozesse in den Köpfen der Menschen angestoßen werden, wie sie sich bei uns selbst zugetragen haben.

Zu guter Letzt einen großen Dank an Hans-Peter Osten für die gegenseitig befruchtende Zusammenarbeit. Er hat die Stahlarbeiten erdacht und realisiert und Unzähliges von dem organisiert, was jetzt nicht mehr zu sehen ist.  Ebenso Dank an die Anstaltsleitung der JVA-Herford, Herrn Sanker und später Herrn Waldmann, die das Projekt in diesem Rahmen überhaupt erst ermöglicht haben. Dank an den Bildhauer Wolfgang Karger aus Detmold für die Gestaltung der Schrifttafeln.

Jetzt also überreichen wir Ihnen unsere Arbeit  -  passen Sie gut darauf auf!

Herzlichen Dank!

 

Pressemitteilung Landesjustizvollzugsamt NRW:

Justizvollzugsschule NRW in Wuppertal ehrt
Dr. Josef Neuberger und Dietrich Bonhoeffer

09.11.2005

Die Justizvollzugsschule NRW, gegründet im Jahre 1952 und seit 1977 an ihrem jetzigen Standort in Wuppertal-Barmen ansässig, ehrt am 09. November 2005 zwei herausragende Persönlichkeiten unserer jüngeren Geschichte: Dr. Josef-Neuberger, ehemaliger Justizminister des Landes NRW und Dietrich Bonhoeffer, Theologe und Widerstandskämpfer gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime.

Frank Fraikin, Leiter der Justizvollzugsschule NRW, die den Namen Josef Neubergers trägt, wird auf dem neu gestalteten Außengelände der Schule vor Gästen aus Kirche, Justiz und Stadtrat im Rahmen einer Feierstunde der Öffentlichkeit zwei neu gestaltete Stelen vorstellen. Die Skulpturen Josef-Neubergers und Dietrich Bonhoeffers, die Bestandteil der von dem Künstler Helmut Schön und einem Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt Herford, Hans-Peter Osten geschaffenen Stelen sind, stehen im Zufahrtsbereich Missionsstrasse und Ecke Dietrich-Bonhoeffer-Weg. Sie informieren vorbeigehende Spaziergänger künftig über das Leben und Wirken der Geehrten sowie über Aufgaben und Tätigkeit der einzigen Schule dieser Art in Nordrhein-Westfalen.

Die 2-jährige Ausbildung zum Justizvollzugsbediensteten umfasst eine praktische und eine theoretische Ausbildung. Während die praktische Ausbildung in den Justizvollzugsanstalten des Landes NRW erfolgt, wird die theoretische Ausbildung an der Justizvollzugsschule Nordrhein-Westfalen - Josef-Neuberger-Haus - in Wuppertal durchgeführt.
Ähnlich wie eine allgemeinbildende Schule, arbeitet die Justizvollzugsschule mit einem festgelegten Fächerkanon und festem Stundenplan. Zu den Unterrichtsfächern zählen sowohl die Bereiche Vollzugspraxis, Vollzugsrecht und Strafrecht als auch menschenkundliche Fächer wie Psychologie, Kriminologie und Soziale Hilfen.

 

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